Da in Deutschland in Sachen Joghurtneuerscheinungen gerade
Sommerpause zu sein scheint, haben wir mal wieder die Koffer gepackt und uns
auf die Suche nach internationalen Joghurtkreationen begeben. So hat es
uns nach Bukarest verschlagen, wo uns der lokale Joghurt-Dealer mit einer
"Pony"-Ecke versorgt hat.
Dass diese, auf den ersten Blick etwas kitschige Ecke doch
einiges über Land und Leute zu erzählen vermag, soll hier nun kurz erläutert
werden.
Wir hatten das Glück in diesem Land einen fachkundigen
Teilzeitrumänen als Fremdenführer zu haben. Und der mit Abstand häufigste Satz,
den wir von ihm zu hören bekamen war: "Romania is a crazy country and all
the romanians are crazy!" Sicher fällt es einem als Gast am Anfang etwas
schwer sich mit den Eigenheiten dieses Landes anzufreunden. So kann man keine
50 Meter auf dem Fußweg gehen, ohne dass man auf die Fahrbahn ausweichen muss,
weil ein dicker "Porsche Cayenne"den
Bürgersteig blockiert. Zehn Meter weiter liegt dann eine bettelnde Rumänin mit
zwei kleinen Babys in einem Hauseingang und niemand interessiert sich für sie.
Dieses Land steckt voller Widersprüche und seine Bewohner scheinen sich damit
arrangiert zu haben.
Sicher ist es eine recht fordernde Aufgabe für solch einen Markt
einen Joghurt zu entwickeln, der dieses Lebensgefühl in Milch und Getreide
gießt. Doch was in der Milchkulturenwelt würde sich hierfür besser eignen als
ein Zweikammerknusperjoghurt!
Bei dem hier vorliegenden Exemplar handelt es sich um einen
Himbeerjoghurt in den man kleine Knusperponys reinkippen kann. Diese sind weiß
oder auch rosa schokoliert. Geschmacklich bietet das nicht wirklich viel neues
für den deutschen Konsumenten, da es diese Joghurt-Knusperkombination bei uns
so ähnlich auch schon gab. Die Besonderheit liegt hier viel mehr auf der
inhaltlichen Ebene. In Rumänien gibt es eine gewisse Tradition darin, die Gesellschaft mit Hilfe von Lebensmitteln zu wandeln. So spricht dieser Joghurt die Rumänen in ihren Ängsten und
Hoffnungen direkt an. Diese Nation, welche aus einer sozialistischen Diktatur
kommt und nun förmlich überrannt wird von einem Kapitalismus, welcher sein
unschönes Gesicht zeigt in Form von Korruption und sozialer Vernachlässigung
der Schwächsten. Der Joghurt stellt die Hoffnungen für die Zukunft in Form von
juwelenbehangenen Ponys dar, welche fröhlich vor einem Schloß auf und ab
springen. Diese stehen für all die positiven Verheißungen von Wohlstand und
einem besseren Leben, welche die Rumänen mit der neuen freien Welt verbinden.
Gleichzeitig wirkt die ganze Zauberpony-Feenschloß- Anordnung auch wie eine
Märchen, dessen Verwirklichung auch dem naivsten Träumer unrealistisch erscheinen
muß. Somit möchte diese Ecke auch als Mahnung verstanden werden und als
Aufforderung sich mit der Zukunft dieses schönen Landes kritisch auseinander zu
setzen.
Dies ist vermutlich der Beweis dafür, dass ein
gesellschaftlicher Wandel auch von einem Joghurt kritisch begleitet werden kann
und man diesen als Mittel der politischen Bildung nicht unterschätzen sollte.
Ob die "Pony-Ecke" ihren hohen Ansprüchen gerecht werden kann wird
die Zukunft zeigen. Wir werden das ganze auf jeden Fall weiter verfolgen.
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